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Wirtschaftspläne 2021 und 2022 der Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg sind rechtswidrig

Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Lüneburg hat nach Durchführung der mündlichen Verhandlung am 7. Mai 2024 zwei Klagen von Mitgliedern der Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg (IHK) gegen ihre Beitragsbescheide stattgegeben. Die vollständig abgefassten Urteile mit den Entscheidungsgründen sind den Beteiligten nunmehr zugestellt worden.

Die Klägerin in dem Verfahren 3 A 156/22 wandte sich gegen die vorläufige Festsetzung ihres Beitrages für das Jahr 2021, die Klägerin des Verfahrens 3 A 173/22 gegen die vorläufige Festsetzung ihres Beitrages für das Jahr 2022. Sie waren jeweils der Auffassung, dass die Beitragserhebung aufgrund unzulässiger Wirtschaftspläne für die jeweiligen Jahre rechtswidrig sei.

Die 3. Kammer teilte diese Auffassung und hob die Beitragsbescheide auf. Auch unter Beachtung eines weiten Gestaltungsspielraums der IHK seien ihre Wirtschaftspläne 2021 und 2022 aus verschiedenen Gründen rechtswidrig. Die durch das neue Finanzstatut der IHK vorgenommene bilanzielle Darstellung des Eigenkapitals verstoße gegen die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung sowie gegen die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts und entspreche damit nicht mehr einer transparenten Bilanzführung. So habe die IHK die (ehemaligen) Eigenkapitalpositionen „Rücklagen“ und „Festgesetztes Kapital“ unter der Bilanzposition „Sonstiges Eigenkapital“ zusammengefasst, ohne dass hierfür ein Bedürfnis bestanden habe. Darüber hinaus habe die IHK auch nicht mehr angemessene Rücklagen und damit rechtswidriges Vermögen gebildet. Zwar habe sie für die Jahre 2021 und 2022 Rücklagen nicht mehr ausdrücklich ausgewiesen. Jedoch habe sie nach wie vor faktisch Rücklagen gebildet und diese mithilfe des sog. „Vermögenszweckspiegels“ bestimmten Verwendungszwecken zugewiesen. Indem die IHK u.a. je nach Haushaltslage jährlich Mittel für das Projekt „Gebäude Lüneburg“ angespart habe, ohne hierfür eine Kostenschätzung aufzustellen, habe sie gegen die haushaltsrechtlichen Grundsätze des Gebots der Schätzgenauigkeit und der Jährlichkeit verstoßen. Schließlich habe die IHK auch unter der neu gebildeten Bilanzposition „Sonstiges Eigenkapital“ rechtswidrig Vermögen aufgebaut. So habe die IHK noch in 2020 in Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Nettoposition „Festgesetztes Kapital“ auf den Wert aus der Eröffnungsbilanz zurückgeführt und die Ausgleichsrücklage abgeschmolzen. Die reduzierten Mittel habe sie jedoch in 2021 und 2022 ganz überwiegend wieder der Position „Sonstiges Eigenkapital“ zugeführt, ohne für diese einen bestimmten Verwendungszweck zu hinterlegen. Damit habe die IHK die faktisch weiter vorhandene Nettoposition „Festgesetztes Kapital“ ohne sachlichen Grund sogleich wieder erhöht, was grundsätzlich nicht zulässig sei.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die IHK kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht Berufung einlegen, die von der 3. Kammer zugelassen wurde.

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