Schülerbeförderungskosten bei fehlenden Schulbezirken
Besteht in einer Gemeinde die Schule aus einer Hauptstelle und einer unselbstständigen Nebenstelle, stellt sich nicht nur die Frage, ob ein Schüler seine Schule frei wählen kann, sondern darüber hinaus auch die Frage, ob er Anspruch haben kann auf eine kostenfreie Schülerbeförderung. Mit diesem Problembereich beschäftigt sich ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Lüneburg (Urt. vom 18.09.2012, Aktenz: 4 A 211/11).
Die im Jahre 2005 geborene Schülerin wohnt rund 1 km neben der Außenstelle einer Grundschule. Die Hauptstelle der Schule liegt über 6 km entfernt. Das Kind wurde 2011 nicht in die näher gelegene Außenstelle der Grundschule eingeschult, sondern in die weiter entfernte Hauptstelle, weil diese als verlässliche Grundschule geführt wird und sich dort ein Hort befindet, wo das Kind nach dem Schulunterricht unterkommen kann. Der Landkreis Harburg lehnte es ab, die Schülerbeförderungskosten zu übernehmen, weil das Kind die näher gelegene Außenstelle der Schule hätte besuchen können.
Mit der im September 2011 erhobenen Klage begehrten die Eltern für das Kind die Übernahme der Beförderungskosten. Die Klage hatte Erfolg. Der beklagte Landkreis wurde verpflichtet, der Schülerin die notwendigen Aufwendungen für den Schulweg von ihrer Wohnung zur weiter entfernten Hauptstelle der Grundschule zu erstatten. Das Gericht führt in seinem Urteil aus:
Nach dem Niedersächsischen Schulgesetz sind die Schülerinnen und Schüler der 1. - 10. Schuljahrgänge zur Schule zu befördern, oder ihnen sind die notwendigen Aufwendungen für den Schulweg zu erstatten. Die Beförderungs- oder Erstattungspflicht hängt aber von einer Mindestentfernung zwischen Wohnung und Schule ab, die Mindestentfernung beträgt für das erste bis vierte Schuljahr 2 km. Werden Schulbezirke festgelegt, ist die Entfernung zu der maßgeblichen Schule entscheidend. Bestehen - wie im vorliegenden Fall - in einer Gemeinde Hauptstelle und Außenstelle einer Schule, kann die Gemeinde als Schulträger für die Haupt- und Außenstelle einen einheitlichen Schulbezirk festlegen, sie kann aber auch für Hauptstelle und Außenstelle einen jeweils eigenen Schulbezirk festlegen. Wird allerdings für Hauptstelle und Außenstelle kein jeweils eigener Schulbezirk festgelegt, so ist - im Hinblick auf die Schülerbeförderung - der Fall so zu behandeln, als bestünde ein gemeinsamer einheitlicher Schulbezirk für beide Schulstandorte, denn es gibt rechtlich nur eine einzige Schule mit Hauptstelle und Außenstelle. Wird demzufolge von der Ermächtigung, getrennte Schulbezirke festzulegen, kein Gebrauch gemacht, ist für die Schülerbeförderung nicht maßgeblich der Weg von der Haustür des Schülers bis zum nächstgelegenen Schulgebäude. Vielmehr kommt es dann allein darauf an, welches Schulgebäude (Haupt- oder Außenstelle) der Schüler tatsächlich besucht. Hiervon ausgehend waren im konkreten Fall dieSchülerbeförderungskosten zu übernehmen.
Gegen das Urteil kann das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht die Berufung zulassen, etwa wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist oder sie von grundsätzlicher Bedeutung ist.