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AfD-Landesparteitag darf in LKH-Arena stattfinden

Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Lüneburg hat mit Beschluss vom heutigen Tage (1 B 17/22) den Landkreis Lüneburg im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Betreiber- sowie die Dienstleistergesellschaft der LKH-Arena anzuweisen, dem niedersächsischen Landesverband der AfD die LKH-Arena in Lüneburg am 11./12. Juni, ersatzweise am 25./26. Juni, am 9./10. Juli oder am 16./17. Juli 2022 zur Durchführung seines Landesparteitags zu überlassen.

Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, dem AfD-Landesverband stehe als politischer Partei ein entsprechender Überlassungsanspruch gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Parteiengesetz in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 und 3 Satz 1 und 21 Grundgesetz zu. Bei der LKH-Arena handele es sich unbeschadet ihrer privatrechtlichen Trägerschaft um eine öffentliche Einrichtung, weil der Landkreis Lüneburg zu 100% die Kommanditanteile an der Betreibergesellschaft halte und so die öffentliche Zweckbindung gegenüber dem privaten Eigentümer und dem Dienstleister durch Mitwirkungs- und Weisungsrechte durchsetzen könne. Die Nutzung der Arena für den Landesparteitag des AfD-Landesverbands halte sich im Rahmen des Widmungszwecks. Mangels eindeutiger Widmungserklärung sowie wegen einer angesichts der Neueröffnung der Halle fehlenden Überlassungs- und Nutzungspraxis seien primär die privatrechtlichen Verträge des Landkreises mit der Betreiber- und der Dienstleistungsgesellschaft für die Bestimmung des Widmungszwecks maßgeblich. Aufgrund der Formulierungen in den Verträgen, insbesondere auch angesichts der übergreifenden Zielsetzung, eine vielseitig nutzbare Veranstaltungshalle diskriminierungsfrei zur Verfügung zu stellen, sei von einem weitreichenden Nutzungszweck auszugehen, der insbesondere auch parteipolitische Veranstaltungen umfasse. Dass der Kreisausschuss in einem am 12. April 2022 initiierten Umlaufverfahren beschlossen habe, den Widmungszweck der LKH-Arena zu beschränken und sie u. a. für Veranstaltungen politischer Parteien nicht zur Verfügung zu stellen, wirke sich auf den Überlassungsanspruch des AfD-Landesverbands nicht aus. Denn zu diesem Zeitpunkt habe sein auf die Nutzung der LKH-Arena gerichteter Antrag bereits vorgelegen und es sei nicht hinreichend ersichtlich, dass der Kreisausschuss schon zuvor eine entsprechende Widmungsbeschränkung erwogen hätte. Soweit der Landkreis hierzu ausführe, er habe sein Augenmerk zunächst primär auf die bauliche Fertigstellung und Eröffnung der LKH-Arena gerichtet und deshalb die Formulierung des Widmungszwecks hintangestellt, genüge dies nicht, um den Überlassungsanspruch des AfD-Landesverbands nachträglich zu beschränken.

Dem Überlassungsanspruch stehe auch nicht entgegen, dass die AfD vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall eingeordnet und beobachtet werde. Denn das Diskriminierungsverbot trete erst dann zurück, wenn das Bundesverfassungsgericht eine Partei gemäß Art. 21 Abs. 2 und 4 Grundgesetz für verfassungswidrig erklärt habe. Auch die Befürchtung, dass es anlässlich der geplanten Veranstaltung zu Gegendemonstrationen kommen werde, rechtfertige die Versagung der Zulassung nicht. Die hier mit der Veranstaltung der nicht verbotenen AfD verbundenen Risiken lägen im Bereich dessen, was in einer auf Demokratie und Meinungsfreiheit beruhenden Rechtsordnung als Begleiterscheinung öffentlicher politischer Auseinandersetzungen prinzipiell in Kauf genommen werden müsse.

Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Dem Antragsgegner steht binnen zwei Wochen die Beschwerde an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zu.


§ 5 Abs. 1 Satz 1 Parteiengesetz

Wenn ein Träger öffentlicher Gewalt den Parteien Einrichtungen zur Verfügung stellt oder andere öffentliche Leistungen gewährt, sollen alle Parteien gleichbehandelt werden. […]

Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. […]

Art. 21 Grundgesetz

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

Artikel-Informationen

erstellt am:
12.05.2022

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