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Verwaltungsgericht weist Klagen zu „Hamburg Wasser“ ab


Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Lüneburg hat heute nach zweitägiger mündlicher Verhandlung in der Ritterakademie Lüneburg am 6. und 7. Oktober 2021 insgesamt sechs Klagen abgewiesen, die eine vom Landkreis Harburg den Hamburger Wasserwerken mit Bescheid vom 3. April 2019 erteilte gehobene wasserrechtliche Erlaubnis betrafen (Az.: 6 A 171/19, 6 A 174/19, 6 A 226/19 bis 6 A 229/19). Aufgrund dieser Erlaubnis ist es den Hamburger Wasserwerken gestattet, für einen Zeitraum von 30 Jahren im jährlichen Mittel 16,1 Millionen m³, maximal 18,4 Millionen m³ pro Jahr, Grundwasser aus Grundwasserkörpern der Lüneburger Heide zu entnehmen.

Die gehobene Erlaubnis wurde von unterschiedlichen Seiten beklagt: Fünf Kläger begehrten die Aufhebung der gehobenen Erlaubnis. Zu diesen Drittanfechtungsklägern zählten vier Grundeigentümer, neben drei Privatpersonen auch die Klosterkammer Hannover, die befürchteten, dass die land-, fisch- bzw. forstwirtschaftliche Nutzung ihrer Flächen durch die Wasserförderung beeinträchtigt würde; zudem wandte sich ein Umweltverband – der Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz – gegen die gehobene Erlaubnis. Schließlich klagten auch die Hamburg Wasserwerke selbst. Der Wasserversorger strebte zum einen eine andere Erlaubnisform, nämlich eine grundsätzlich nicht widerrufliche Bewilligung, an und wandte sich zudem gegen mehrere beschränkende Bestimmungen, insbesondere gegen die Begrenzung der zulässigen Wasserentnahmemengen.

Die 6. Kammer des Verwaltungsrechts Lüneburg hat die Klagen abgewiesen.

Die Klage der Klosterkammer Hannover sei bereits unzulässig, da nicht sie, sondern der Klosterfonds Eigentümer der betroffenen Flächen sei; eine Verletzung der klagenden Klosterkammer in eigenen Rechten sei darum ausgeschlossen. Eine Auslegung der Klage der Klosterkammer in eine Klage des Klosterfonds sei aufgrund der eindeutigen Bezeichnung in der Klageschrift nicht möglich.

Hinsichtlich der übrigen Drittanfechtungsklagen, die als unbegründet abgewiesen wurden, ist die 6. Kammer nach ausführlicher Anhörung der von den Hamburger Wasserwerken eingeschalteten Gutachter sowie der Gutachter der Drittanfechtungskläger und der Sachverständigen des Landkreises Harburg zu dem Ergebnis gekommen, dass die erteilte gehobene Erlaubnis nicht zu beanstanden sei. Die Hamburger Wasserwerke hätten die Auswirkungen der beabsichtigten Grundwasserentnahme entsprechend den in Niedersachsen geltenden fachlichen Standards ermittelt. Aufgrund der vorgelegten, fachlich überzeugenden Gutachten sowie angesichts der Menge der erhobenen Daten könne mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass bestehende Schutzgebiete wie insbesondere das Naturschutzgebiet Lüneburger Heide sowie die im Entnahmegebiet gelegenen Gewässer beeinträchtigt würden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Grundwasservorkommen der Lüneburger Heide schon seit mehreren Jahrzehnten untersucht werde; es lägen außergewöhnlich viele geologische und hydrogeologische Daten vor. Ferner sei auch zu berücksichtigen, dass die Grundwasserentnahme bereits in der Vergangenheit stattgefunden habe, was es erleichterte, mögliche Auswirkungen abzuschätzen.

Die Klage der Hamburger Wasserwerke auf Erteilung einer Bewilligung hatte ebenfalls keinen Erfolg. Die Kammer hält es nicht für ermessensfehlerhaft, dass sich der Landkreis Harburg für eine unter erleichterten Voraussetzungen widerrufliche gehobene Erlaubnis und gegen eine Bewilligung entschieden habe. Das dem Landkreis vom Gesetzgeber bei seiner Entscheidung über die Erteilung einer Bewilligung eingeräumte Ermessen sei nicht dahin intendiert, dass Unternehmen der Daseinsvorsorge in der Regel die rechtssichere Gestattungsform einer Bewilligung zu erteilen sei. Die vom Landkreis angeführten Gründe für die Erteilung nur der „schwächeren“ Gestattungsform einer gehobenen Erlaubnis – etwa eine mögliche Änderung europarechtlicher Vorgaben sowie unvorhersehbare Entwicklungen im Zusammenhang mit tatsächlichen Ereignissen wie insbesondere dem Klimawandel – rechtfertigten seine Entscheidung. Auch die von Hamburg Wasser getätigten hohen Investitionen sowie der Umstand, dass die Grundwasserentnahme der Versorgung von etwa 300.000 Einwohnern der Freien und Hansestadt Hamburg diene, zwängen nicht zur Erteilung einer Bewilligung. Die mengenmäßige Begrenzung der Wasserentnahme sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Landkreis Harburg habe sich insoweit zu Recht an der Menge orientiert, die Gegenstand von früheren Verhandlungen zwecks Abschluss eines – nicht zustande gekommenen – Verwaltungsabkommens gewesen sei. Auch aus den vorgelegten Antragsunterlagen ergebe sich, dass die Gutachter von Hamburg Wasser selbst nur von einem regelmäßigen jährlichen Bedarf von 16,1 Millionen m³ ausgegangen seien. Schließlich zeige die von Hamburg Wasser vorgelegte Wasserbedarfsprognose, dass nur bis 2025 ein steigender Wasserbedarf prognostiziert werde; danach werde mit einem Sinken des Wasserbedarfs gerechnet. Insofern habe Hamburg Wasser keinen Anspruch auf den geltend gemachten zusätzlichen Bedarf in Höhe von insgesamt 18,4 Millionen m³; denn diese Bedarfsmenge beziehe sich auf den Höchstbedarf im Jahr 2025.

Die 6. Kammer hat für die Klage der Hamburger Wasserwerke wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, welche Ermessensspielräume der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Gestattungsform zustehen, die Berufung zugelassen; die Hamburger Wasserwerke können somit innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständig abgefassten Urteils Berufung beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht einlegen. Die übrigen Kläger können, ebenfalls binnen eines Monats nach Zustellung der Urteilsgründe, einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen, über den das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht entscheidet.


Artikel-Informationen

erstellt am:
11.10.2021

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