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erstellt am:
17.06.2021
Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Lüneburg hat den Teilnehmern der Versammlung „Klima-Protest-Camp“, das vom 12. Juni 2021 bis zum 25. August 2021 stattfinden soll, mit Beschluss vom 15. Juni 2021 (Az. 5 B 79/21) erlaubt, den Marienplatz in Lüneburg zu nutzen.
Die Hansestadt Lüneburg hatte verfügt, dass die Versammlung auf dem Lambertiplatz stattfinden solle und die Nutzung des Marienplatzes untersagt. Zur Begründung hatte sie darauf verwiesen, dass der Marienplatz für die Dauer des Camps seiner widmungsrechtlichen Nutzung als Parkplatz mit wichtigen öffentlichen Funktionen entzogen würde.
Die 5. Kammer ist dieser Argumentation nicht gefolgt. Die verfassungsrechtlich gewährleistete Versammlungsfreiheit umfasse ein Selbstbestimmungsrecht über den Ort der Veranstaltung. Dieses wiege hier schwerer als die von der Stadt angeführten Belange. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die kommunikative Wirkung des „Klima-Protest-Camps“ gerade von der räumlichen Nähe zum Rathaus und der Nutzung des Platzes als Parkfläche abhängen solle. Die Antragsteller hätten insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass das Rathaus tatsächlicher symbolischer Ort für politische Entscheidungen sei und somit logischer Ort für eine Versammlung, die auf die Unzulänglichkeit der Lüneburger Klimapolitik hinweisen wolle und sich primär an politische Entscheidungstragende richte. Zudem diene ihnen die versiegelte Parkfläche als symbolischer Ort, um auf die verfehlte Flächennutzungspolitik und auf die mangelhafte Verkehrspolitik, die den motorisierten Individualverkehr priorisiere, aufmerksam zu machen. Durch das Camp werde die Sicherheit und Leichtigkeit des fließenden Verkehrs nicht beeinträchtigt; in der näheren Umgebung befänden sich zudem ausreichend Ausweichparkmöglichkeiten. Soweit die Stadt auf die auf dem Marienplatz vorhandenen Schwerbehindertenparkplätze verweise, sei dem zu entgegnen, dass die Schwerbehindertenparkplätze derzeit durch das Corona-Testzentrum blockiert seien, dessen Erreichbarkeit und Nutzbarkeit durch das „Klima-Protest-Camp“ ebenfalls nicht eingeschränkt werde. Auch der temporäre Wegfall der beiden Stellplätze an der Ladesäule für Elektrofahrzeuge stelle kein durchgreifendes öffentliches Interesse dar, das eine Verlegung des „Klima-Protest-Camps“ rechtfertige. Denn angesichts weiterer, offenbar nicht vollständig ausgelasteter Ladesäulen im Stadtgebiet sei es den betroffenen Autofahrer zumutbar, im Zeitraum der Versammlung auf andere Ladesäulen auszuweichen. Das rein wirtschaftliche Interesse der Antragsgegnerin an der Bewirtschaftung der Parkfläche habe im Rahmen des insoweit vorzunehmenden schonenden Ausgleichs zwischen den wirtschaftlichen Interessen der Stadt und dem Interesse der Antragsteller zurückzustehen.
Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Der Hansestadt Lüneburg steht binnen zwei Wochen die Beschwerde beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht zu.Artikel-Informationen
erstellt am:
17.06.2021