Versammlungsauflösung von „Rechten“ war rechtswidrig
Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Auflösung einer von „Rechten“ durchgeführten Versammlung am 11. April 2009 in Lüneburg rechtswidrig war (Urt. v. 14.12.2010, Aktenz.: 3 A 84/09).
Die „Rechten“ meldeten in Lüneburg für den 11. April 2009 eine Versammlung an unter dem Motto „gegen linke Gewalt“. Der Aufzug sollte vom Bahnhof durch die Innenstadt und zurück zum Bahnhof führen. Dabei waren Zwischenkundgebungen an einem Tätowier-Studio und an einem Bekleidungsgeschäft vorgesehen, die der Szene nahestanden und in der Vergangenheit mehrfach Ziel von Sachbeschädigungen waren. Die 250 Teilnehmer kamen vom Bahnhof nur bis zur Bleckeder Landstraße. Dort stoppte der Aufzug, da die Stintbrücke von mindestens 170 Gegendemonstranten besetzt war. Die „Rechten“ und die Polizei verhandelten über eine alternative Aufzugstrecke, was aber ohne Erfolg blieb. Gegen 14:15 Uhr erklärte die Polizei die Demonstration der Rechten für aufgelöst.
Daraufhin haben die „Rechten“ Klage beim Verwaltungsgericht erhoben.
Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Versammlungsauflösung rechtswidrig war. Es hat ausgeführt:
Eine Auflösung einer Versammlung durch die Polizei darf nur „als letztes Mittel“ ausgesprochen werden, wenn sich die Gefahr für dieöffentliche Sicherheit und Ordnung nicht durch Modifikation des Versammlungsablaufes umgehen lässt. Bevor eine Auflösung ausgesprochen wird wegen einer besonderen Gefahrenlage auf der vorgesehenen Wegstrecke, ist die Polizei deshalb verpflichtet, eine andere alternative Streckenführung anzubieten, die ohne Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung genutzt werden kann, und auf der der ursprüngliche Versammlungszweck noch weitgehend verwirklicht werden kann. Vom Versammlungsleiter demgegenüber können alternative Strecken naturgemäß nicht abschließend bestimmt werden, weil die Polizei und nicht der Versammlungsleiter die Sicherheitslage überblickt. Die Polizei hat eine mögliche Alternativstrecke, die den ursprünglichen Versammlungszweck nicht völlig unmöglich gemacht hätte, nicht angeboten. Nach Auskunft des Gesamteinsatzleiters ist es aus damaliger polizeilicher Sicht möglich gewesen, den Aufzug über die Schießgrabenstraße bis hin zu dem Bekleidungsgeschäft in der Altenbrückertorstraße zu führen. Dieses Geschäft sollte angelaufen werden, da dieses Geschäft Angriffen wie Sachbeschädigung und Graffiti ausgesetzt war. Diese alternative polizeilich gesicherte Streckenführung ist dem Versammlungsleiter jedoch nicht angeboten worden, vielmehr lediglich ein kurzer Aufzug über die Schießgrabenstraße und Dahlenburger Straße zurück zum Bahnhof, wobei dieser kurze Aufzug von den „Rechten“ abgelehnt wurde. Das Angebot der verkürzten Strecke hatte seine Ursache in Kommunikationsproblemen zwischen der Gesamteinsatzleitung in der Einsatzzentrale der Polizei und den vor Ort tätigen Polizeibeamten. Diese Kommunikationsprobleme können nicht zulasten der „Rechten“ gehen. Da diese alternative Streckenführung bis zum Bekleidungsgeschäft möglich gewesen, aber nicht angeboten und von den „Rechten“ nicht abgelehnt worden ist, hatte die Polizei unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kein Recht, die Versammlung aufzulösen.
Gegen das Urteil kann die Zulassung der Berufung beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht beantragt werden.