Bemessung des Grundgehalts für niedersächsische Beamte nach Dienstalterstufen nicht zu beanstanden
Die für niedersächsische Beamte bei der Besoldung vorgesehene Bemessung des Grundgehaltes nach Stufen verstößt weder gegen das Allgemeine Gleichheitsgesetz (AGG) noch gegen entsprechende europarechtliche Richtlinien.
Diese Entscheidung hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Lüneburg in einem Urteil vom 15. Februar 2012 in der Klage einer Finanzbeamtin gegen die Oberfinanzdirektion Niedersachsen getroffen (Az.: 1 A 106/10).
Die Beamtin hatte gegen die Höhe ihrer Besoldung, die aus der Stufe 8 ihrer Besoldungsgruppe erfolgte, Widerspruch eingelegt und eine Besoldung aus der Stufe 12, der höchsten Stufe, begehrt. Zur Begründung hatte sie auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts verwiesen. Der EuGH hatte mit Urteil vom 8. September 2011 (Az.: C-297/10) für Angestellte festgestellt, dass die in § 27 BAT angeordnete Bemessung der Grundvergütungen in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensalterstufen gegen das im AGG geregelte Verbot der Diskriminierung wegen des Alters verstoße und eine unmittelbare Diskriminierung wegen Alters im Sinne von Art. 2 RL 2000/78 darstelle. Das Bundesarbeitsgericht hatte daraufhin am 10. November 2011 (Az.: 6 AZR 481/09) entschieden, dass das in jenem Verfahren beklagte Bundesland verpflichtet sei, dem dortigen Kläger jedenfalls bis Ende 2009 eine Grundvergütung nach der letztmöglichen Lebensaltersstufe zu zahlen, da nur so die Diskriminierung beseitigt werden könne. Die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg vertrat die Auffassung, dass diese Rechtsprechung auch auf niedersächsische Beamte zu übertragen sei. Die Oberfinanzdirektion wies den Widerspruch der Klägerin zurück mit der Begründung, eine Übertragung dieser Rechtsprechung sei wegen der Besonderheiten der Beamtenbesoldung, die von dem durch das Grundgesetz geschützten Alimentationsgrundsatz getragen sei, nicht möglich.
Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Lüneburg folgte der Auffassung der Oberfinanzdirektion. Es führte aus: Es liege bereits keine Ungleichbehandlung wegen des Lebensalters, die nach dem AGG und europäischen Richtlinien zunächst grundsätzlich verboten sei, bei der Bemessung des Grundgehalts der niedersächsischen Beamten nach Dienstaltersstufen vor. Es erfolge keine Differenzierung der Besoldung wegen des Lebensalters. Das Aufsteigen in den Stufen bestimme sich nach dem Besoldungsdienstalter und der Leistung der Beamten. Zwar spiele das Lebensalter bei der Bestimmung des Besoldungsdienstalters eine Rolle. Es bilde aber nur einen pauschalisierenden Berechnungsfaktor; im Vordergrund stehe die als wertvoll erkannte Berufserfahrung - einschließlich solcher mit anerkannter Sozialrelevanz. Selbst wenn man aber von einer mittelbaren Ungleichbehandlung ausgehen wolle, sei diese bei der Beamtenbesoldung nicht rechtswidrig. Denn die europäische Richtlinie und auch das AGG erlauben Ungleichbehandlungen wegen des Alters, wenn sie objektiv und angemessen sind, im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich sind. Diese Voraussetzungen seien bei der Bemessung des Grundgehaltes der niedersächsischen Beamten nach Stufen erfüllt. Als legitimes Mittel sei in den Vorschriften auch die Berücksichtigung der Berufserfahrung genannt.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage (es sind allein in Niedersachsen rund 5000 Widerspruchsverfahren noch anhängig) hat das Gericht die Berufung zugelassen.