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Was ist „Verarbeitungsfleisch gewolft“?

Fleisch, das von Kehlkopf- und Luftröhrenabschnitten mit Hilfe eines Separators gewonnen und gewolft wird, und bei dem der Verdacht besteht, dass es Knorpel- und Schleimhautreste enthält, darf nicht unter der Bezeichnung „Verarbeitungsfleisch gewolft“ für die Herstellung von Fleischerzeugnissen in den Verkehr gebracht werden. Dies hat das Verwaltungsgericht Lüneburg entschieden (Urteil v. 14. März 2013, Aktenz: 6 A 41/10).

Bis Ende Juni 2010 produzierte das Unternehmen „Verarbeitungsfleisch gewolft“, seitdem ist diese Produktion eingestellt. Im Januar 2010 fand eine Routinekontrolle statt, bei der Folgendes festgestellt wurde: Bei dem Produkt handelte sich um Fleisch, das von Kehlkopf- und Luftröhrenabschnitten geschlachteter Tiere mit Hilfe eines Separators gewonnen und anschließend gewolft wurde. Zunächst bestand nur der Verdacht, dass das Produkt Knorpelreste von Kehlkopf und Luftröhre sowie Schleimhaut enthält. Dieser Verdacht wurde durch später vorgelegte endgültige Untersuchungsberichte von 2011 bestätigt. Anfang 2010 war bereits eine beträchtliche Menge des Verarbeitungsgutes nach Italien geliefert und dort weiterverarbeitet worden. Weitere 93 Tonnen eingefrorenes Verarbeitungsfleisch befanden sich noch im Lager. Es wurde eine Rückholaktion gestartet, und die Staatsanwaltschaft Oldenburg ermittelte strafrechtlich gegen das Unternehmen. Das Ermittlungsverfahren läuft noch und ist noch nicht abschlossen. Im Februar 2010 wurde dem Unternehmen das Inverkehrbringen der maschinell von Kehlkopf- und Luftröhrenabschnitten gewonnenen Fleischmassen vom beklagten Landkreis vorläufig untersagt.

Gegen die Verfügung des Landkreises hat das Unternehmen im Hinblick auf das immer noch anhängige strafrechtliche Ermittlungsverfahren vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg Klage erhoben und trägt unter anderem vor, es seien zunächst keine hinreichenden Feststellungen getroffen worden, dass tatsächlich Knorpelpartikel in dem Fleischerzeugnis vorhanden seien, vielmehr sei lediglich mit Vermutungen gearbeitet worden sei. Im Übrigen sei durch Sachverständigengutachten und Gerichtsentscheidungen bestätigt worden, dass Knorpelpartikel im Fleisch enthalten sein dürften, sofern dies technisch unvermeidbar sei. Weiter sei die Gewinnung von Fleischresten durch Separatoren zulässig, von dem Produkt gehe keine Gefahr aus, es sei verkehrsfähig und könne auch zur Herstellung von Fleischerzeugnissen verwendet werden.

Das Gericht hat die Klage abgewiesen und das vorläufige Verbot des Landkreises über das Inverkehrbringen des Produktes „Verarbeitungsfleisch gewolft“ bestätigt: Schon im Zeitpunkt der behördlichen Anordnung bestand der hinreichende Verdacht, dass das Erzeugnis unter Verstoß gegen europäische und deutsche Rechtsvorschriften hergestellt wurde. Nach einer europäischen Verordnung von 2004 hat ein Lebensmittelunternehmer sicherzustellen, dass Knorpel des Kehlkopfes und der Luftröhre nicht für die Herstellung von Fleischerzeugnissen verwendet werden. Dies entspricht auch der schutzwürdigen Erwartung der Verbraucher. Von dem Herstellungsverbot ist nicht nur das bewusste Zufügen von Knorpel in ein Fleischerzeugnis erfasst, sondern auch das von dem Unternehmen betriebene mechanische Ablösen des diesen Knorpeln anhaftenden Restfleisches, wenn dies mit dem Ablösen von Knorpeln und deren Weiterverarbeitung verbunden ist. Wenn das Unternehmen das Produkt „Verarbeitungsfleisch gewolft“ unter Mitverwendung von Knorpeln und Schleimhaut herstellt, weicht das Produkt auch von der Erwartungshaltung der Verbraucher und der allgemeinen Verkehrsauffassung ab. Wenn es zugelassen ist, technologisch nicht vermeidbare Knorpelreste in eine Fleischproduktion einzubeziehen, bezieht sich dies auf Knorpel etwa in Bauchfleisch, aber gerade nicht auf Knorpelreste und Schleimhäute des Kehlkopfes und der Luftröhre. Hier ist nach dem Europarecht eindeutig „sicherzustellen“, dass Reste dieser Teile nicht für die Herstellung von Fleischerzeugnissen verwendet werden.

Gegen das Urteil kann das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht die Berufung zulassen, etwa wenn die Sache besondere Schwierigkeiten aufweist oder von grundsätzlicher Bedeutung ist.

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